Ein guter Planer ist in der Lage, die Kundenanforderungen oder auch Requirements zu verstehen. Wenn man nicht alle Aspekte des Hausbaus selbst übernimmt, sondern auf Dienstleistungen zurückgreift, ist es als Bauherr wichtig, seine Ideen und Wünsche an den Dienstleister kommunizieren zu können. Der Dienstleister muss in der Lage sein, die Vorstellungen des Bauherrn zu verstehen.
In dem Buch “Exploring Requirements – Quality Before Design” von Gause & Weinberg aus dem Jahr 1989 wird anhand eines anschaulichen Beispiels gezeigt, was passieren kann, wenn drei Personen die identische Aufgabenbeschreibung erhalten: “Konstruiere etwas, das eine kleine Gruppe von Personen vor der äußeren Umgebung schützt”.
Abbildung 1: Person 1 – Bau eins Iglus
Abbildung 2: Person 2 – Bau eins Schlosses
Abbildung 3: Person 3 – Bau einer Weltraumstation
Obwohl dies ein extremes Beispiel ist, ist es doch selten der Fall, dass die ausführende Person die genauen Vorstellungen des Auftraggebers umsetzt. Ziel ist es deshalb, insbesondere bei einem Haus, das man über viele Jahre bewohnen möchte, mit dem Planer möglichst nahe an den Idealzustand – einem perfekt synchronisierten Gehirn – heranzukommen. Die Bilder aus dem Buch “Exploring Requirements – Quality Before Design” veranschaulichen dies.
Abbildung 4: Die Idealvorstellung des Kunden / Bewohner / Auftraggeber. Er weiß, was er haben will und was nicht
Abbildung 5: Prozess bei der Anforderungsanalyse: Nach dem ersten „Kennenlerngespräch“ zwischen Auftraggeber und –nehmer sind die Gehirne nur sehr vage miteinander verknüpft. Erst nach systematischen Anforderungsanalysemethoden nähern sich die Vorstellungen zwischen den beiden Parteien an, bis nahezu eine identische Vorstellung entsteht.
Die Bilder verdeutlichen, dass es wichtig ist, als Planer eine Strategie zu entwickeln, um effizient und zuverlässig die Anforderungen des Kunden zu erfüllen. Hier zeigt sich der Unterschied zwischen einem guten und einem schlechten Dienstleister. Während einige Dienstleister mit einem einzigen Gespräch zufrieden sind, können andere mehrere Gespräche führen, um die Anforderungen des Kunden genau zu verstehen. Zwar mag es am Anfang gut aussehen, wenn der Dienstleister den Kunden nach dem ersten Gespräch zu verstehen scheint, doch in neun von zehn Fällen kommt es zu Abweichungen zwischen der Vorstellung des Kunden und der tatsächlichen Umsetzung. Dies gilt übrigens für alle Branchen, nicht nur für die Baubranche.
Je später ein Fehler erkannt wird, desto kostspieliger und aufwendiger ist es, ihn zu beheben. Eine Grafik zeigt das Verhältnis zwischen dem Zeitpunkt, an dem ein Fehler erkannt wird, und den Kosten für die Behebung.
Abbildung 6: Kosten der Behebung von Fehlern oder Missverständnis zum Zeitpunkt des Auftretens / Erkennens
Zusammengefasst zeigt die Grafik, dass es 30-mal teurer sein kann, ein erkanntes Missverständnis in der Phase der Leitungsverlegung im Rohbau zu beheben, als wenn das Missverständnis bereits bei der Erhebung der Anforderungen erkannt worden wäre.
Als Bauherr sollte man darauf achten, dass ein Dienstleister die Anforderungsphase ernst nimmt. Ein Angebot, das eine Position für die Anforderungsphase enthält, zeigt, dass der Dienstleister diesen Punkt ernst nimmt. Das Angebot mag dadurch etwas teurer ausfallen, aber die Unsicherheit, viel für Nacharbeit zu bezahlen oder mit fehlerhaften Anforderungen zu leben, ist geringer.